2021
Natalie Seymour /Coventry/UK
Kerstin Quandt /Dresden/DE | Franziska & Sophia Hoffmann /Dresden/DE
Fotoprojektion | Graphik | Objekt |aus den Partnerstädten Coventry und Dresden CDF
20.11.2021 – 15.01.2022
Einladung als PDF Presse DNN 14.01.2022 als PDF
mediale Einblicke in das Coventry Dresden Friendship Festival
Information
Vernissage: Freitag, den 19.11.2021, 19.00 Uhr
mit medialen Einblicken in das Coventry Dresden Friendship Festival
Einführung: Franziska & Sophia Hoffmann
T A N D E M – diese Projektreihe soll Brücken der Begegnung und Verständigung schlagen zwischen Kunst und anderen Sparten und Zweigen unserer Gesellschaft. INTERCONNECT verbindet die künstlerische Arbeit von vier Künstlerinnen unterschiedlicher Generationen aus den Partnerstädten Dresden und Coventry.
Kuratiert wurde die Ausstellung von Franziska & Sophia Hoffmann aus Dresden, die nach einem früheren Projekt in Coventry den Austausch zwischen den Partnerstädten erweitern möchten. INTERCONNECT findet pandemiebedingt teils mit digitalen Medien statt und wird als virtueller Beitrag im Coventry Dresden Friendship Festival präsentiert. Das vom 12. – 27.11.2021 in Coventry stattfindende Festival CDF ist eingebunden in das besondere Kulturprogramm, das die Stadt als UK City of Culture 2021 ausrichtet.
Die in der Galerie gezeigten Fotoprojektionen, Grafiken und Objekte stehen künstlerisch in Bezug zur Charakteristik und dem Geschehen im urbanen Umfeld von Coventry und Dresden.
In fotografischen Collagen verbindet Natalie Seymour (Coventry) verlassene Orte in Coventry und Umgebung mit digitalen Farbschichtungen und Strukturen. Die schwindenden Spuren scheinen als leuchtende Projektionen an den Galeriewänden auf und finden auch dadurch zu neuem Glanz.
Stadteindrücke werden von Kerstin Quandt (Dresden) in ihrer Installation grafisch interpretiert; sie stehen als zeichnerische Notate auf Papierbögen, die eine Faltung hin zu Papierschiffen und damit eine räumliche ‚Dehnung‘ erfahren. Diese Formungen werden zu Vehikeln, die hinter den urbanen Fassaden verborgene Gedanken aufnehmen und (vorbei)fließen lassen.
In der Installation von Franziska & Sophia Hoffmann (Dresden) durchschreiten die Besucher ein farbiges Portal. Dieses symbolisiert Zeitverschiebung und den Aspekt von Synchronisation. Weitere Zeitkomponenten finden sich in einer Wandarbeit der beiden Künstlerinnen, die auf ihren nächtlichen Fotografien im Zentrum Coventrys basiert.
In einem weiteren Raum der Galerie werden verschiedene Arbeiten in Dialog gesetzt, die das mutige und soziale Wirken von Lady Godiva im mittelalterlichen Coventry thematisieren. Als weibliche Persönlichkeit ist sie in die Stadthistorie und als zeitloses Vorbild in Kunst, Literatur und Musik eingegangen – ihr Mythos wird auch in der Ausstellung spürbar.
INTERCONNECT combines the artistic work of four artists of different generations from the twin cities of Dresden and Coventry. The project is part of the annual TANDEM Initiative by the Dresdner Sezession 89 e. V. at the galerie drei in Dresden from 19th November 2021 to 15th January 2022.
The exhibition was curated by Sophia & Franziska Hoffmann who, following a previous project in Coventry, want to expand exchanges between the twin cities. Due to the pandemic, INTERCONNECT takes place partly with digital media and is presented as a virtual contribution to the Coventry Dresden Friendship Festival. The festival, which will take place in Coventry from 12th to 27th November 2021, is part of the special cultural programme that the city is hosting as UK City of Culture 2021.
The photo projections, graphics and objects shown at the gallery are artistically related to the characteristics and events in the urban environments of Coventry and Dresden. In photographic collages, Natalie Seymour (Coventry) combines abandoned places of Coventry and the surrounding area with digital color layers and structures. The dwindling traces appear as luminous projections on walls and thus find new splendour.
City impressions are graphically interpreted by Kerstin Quandt (Dresden) in her installation; they are placed as drawn notes on sheets of paper, which are folded to paper ships and thus undergo a spatial ’stretching‘. These formations become vehicles that take up hidden thoughts behind the urban facades and let them flow by.
In the Installation by Franziska & Sophia Hoffmann (Dresden) visitors pass through a coloured portal which symbolizes time differences and the aspect of synchronization. Further time components can be found in a work by the two artists, which is based on their nocturnal photographs taken in the centre of Coventry.
In another room of the gallery, various works are put into dialogue that addresses the courageous and social work of Lady Godiva who lived in medieval Coventry. As a female personality, she has entered the city’s history and as a timeless role model in art, literature and music – her myth can also be felt in the exhibition.
Gabriele-Münter-Preis auf der Kippe?
showcase
08.11 – 19.11.2021
Protestaktion der Dresdner Sezession 89 e.V. gegen die „Auf Eis Legung“ des Gabriele-Münter-Preises 2021. 1994 erhielt Thea Richter den ersten Gabriele-Münter-Preis als Gründungsmitglied der Dresdner Sezession 89 e.V.
panoptical play I
SALOON.Dresden // Dresdner Sezession 89 e.V.
09.10. – 06.11.2021
MORE VISIBILITY FOR FEMALE PROTAGONISTS IN THE ART SCENE
Positionen
Gwendolin Kremer [Wissenschaftliche Mitarbeiterin & Kuratorin, Kustodie TU Dresden]
Stephanie Lüning | Ursula Susanne Buchart | Susan Donath | Kerstin Franke Gneuß
Helena Garcia Moreno [Leitung Kunstraum artescena, Leipzig]
Johanna Seidel | Michaela Möller | Irene Wieland | Christiane Latendorf
Gloria Aino Grzywatz [freiberufliche Kuratorin peer to space, Stipendiatin Akademie Schloss Solitude]
Gyde Becker | Else Gold | Katharina Lewonig | Maja Drachsel
Susanne Magister [Kunsthistorikerin, wissenschaftliche Redakteurin und Journalistin]
Theresa Rothe | Wiebke Herrmann | Annerose Schulze | Rita Geißler
panoptical play Ipanoptical play I
2020 ist der SALOON.Dresden auf die Dresdner Sezession 89/Galerie 3 mit dem Ziel zugegangen, die Vernetzung von Akteurinnen der Kunstszene in Dresden voranzutreiben und gegen die Unsichtbarkeiten weiblicher Kunstschaffender zu kämpfen. Daraus entstanden ist ein 3-jähriges Ausstellungsprojekt, welches Begegnungen stattfinden lässt, Reibungspunkte evoziert und/oder Gemeinsamkeiten der Ausstellenden identifiziert und ganz neue Ausstellungskonzepte erprobt. Dabei geht es vor allem auch um das Netzwerk, um den Austausch zwischen Künstlerinnen und Theoretikerinnen, um ein Kennenlernen unabhängig von vorweggenommenen (Ausschluss)Kriterien. Wie der Titel – panoptical play – schon sagt, auf eine ganz spielerische Art und Weise.
Das Konzept sieht die Gegenüberstellung von Positionen verschiedener Generationen vor. Es geht um einen Austausch, ein Kennenlernen und eine Verständigung. Die Auswahl der ausstellenden Künstlerinnen in Kombination mit den Kuratorinnen wird über ein Losverfahren realisiert. Sind die Positionen für das aktuelle Jahr (16 Künstlerinnen und 4 Theoretikerinnen) vollständig bestimmt, gehen die nicht gezogenen Künstlerinnen als auch Theoretikerinnen automatisch in die Losung für das nächste bzw. übernächste Jahr mit ein.
Der SALOON ist ein Netzwerk für Frauen der Kunstszene. Neben Kuratorinnen und Künstlerinnen finden sich Journalistinnen sowie Frauen, die in Galerien, Museen und Universitäten arbeiten. Das Ziel des Netzwerkes ist die Sichtbarkeit weiblicher Protagonisten der Kunstszene zu stärken sowie neue Projekte, Ausstellungen oder andere Formen der Zusammenarbeit zu initiieren. Gegründet wurde der SALOON 2012 von Tina Sauerländer in Berlin. Aktuell gibt es das Netzwerk in Barcelona, Berlin, Brüssel, Hamburg, München, London, Paris, Prag, Tel Aviv, Wien – und seit Sommer 2019 auch in Dresden. Dresden – SALOON Network (saloon-network.org)
Vernissage: Freitag, den 08.10.2021, 19.00 Uhr
Impulsvortrag mit Diskussionsrunde
Donnerstag, 21.10.2021, 18.00 Uhr | Dr. Franziska Storch, Boardmember SALOON Hamburg: Jackson Pollock und Janet Sobel – Ingenieur vs. Erfinder?
Montag, 01.11.2021, 18.00 Uhr | Andrea Weippert, Kunsthistorikerin: Der Energieerhaltungssatz in Kunst und Kultur – bleibt die Summe der Diskriminierung gleich?
Donnerstag, 04.11.2021, 19.00 Uhr | Susan Donath, freischaffende Künstlerin, Dresden: Vereinbarkeit von Beruf und Familie – was es bedeutet, Künstlerin und Mutter zu sein.
Kuratorin: Susanne Magister
Künstlerinnen: Annerose Schulze, Rita Geißler, Wiebke Herrmann und Theresa Rothe
Was ist ein „Panoptical Play“? – Ein Spiel mit der Überwachung, der Kontrolle. Und zugleich ein Aufgreifen der vorhanden und ein Knüpfen neuer Netzwerkfäden. In unserem Fall: Das Stärken weiblicher Positionen in der Kunstszene – spielerisch, experimentell, ergebnissoffen.
Als mich die Kolleginnen vom SALOON Dresden angesprochen haben, ob ich Lust hätte, an diesem experimentellen Ausstellungskonzept mitzuwirken, war ich zunächst überrascht. Und ziemlich schnell begeistert.
Denn das Konzept ist so einfach wie spannend: vier, nicht miteinander verknüpfte Kuratorinnen bekommen aus einem Pool von Künstlerinnen, die wiederum ebenfalls zweier unterschiedlicher Netzwerke entspringen, jeweils vier Künstlerinnen zugelost. Alles weitere obliegt den Kuratorinnen.
„Meine“ vier Künstlerinnen sind Annerose Schulze, Rita Geißler, Wiebke Herrmann und Theresa Rothe – ihre Positionen sind so unterschiedlich wie spannungsvoll.
Vier sehr anregende Ateliergespräche später war klar, es sollten möglichst aktuelle Arbeiten sein, die hier in den Dialog miteinander treten – und die auch ein Stückweit den Zeitgeist aufgreifen, Zeichen setzen und etwas zu erzählen haben.
Annerose Schulze verarbeitet in ihren Collagen unterschiedliche, zum Teil handgeschöpfte Papiere, integriert oftmals Seidenstickereien und Typographien. Ihre Liebe zur Schrift, die sie als diplomierte Designerin stets in sich trägt, kommt auch in den hier gezeigten Arbeiten der Serie „Datenstau“ zum Ausdruck.
Ihre „Zeichen“ speisen sich aus dem schier unendlichen Informationsvolumen digitaler Bildwelten. Algorithmen und Quellcodes – fortlaufende Zahlenreihen oder Buchstabenfolgen, für den Laien kaum decodierbar – löst Annerose fragmentarisch heraus, verfremdet und überformt sie mit ihren künstlerischen Mitteln.
In der Herauslösung und Hervorhebung einzelner Buchstaben und Zahlen in glänzender Seidenstickerei spiegelt sich die formale Schönheit der Zeichen wider. Zugleich legt sie den Brennspiegel auf jene Zeichensysteme aus Ziffern und Zahlen, die als wesentliche Zivilisationskürzel allgegenwärtig sind.
Rita Geißler geht anders vor. Ihre druckgrafischen Arbeiten unterliegen zumeist einer sehr klaren und strukturierten Formensprache. Und doch sind auch sie voller Zeichen. Auf ihren Reisen nimmt sie ihre Umgebung sehr intensiv wahr, nimmt sie in sich auf und destilliert das Zeichenhafte dabei heraus. Der „Spalt“ in ihrer Aquatinta-Arbeit ist nicht nur ein beliebiger Erdspalt, den sie auf ihrer Reise durch die zerklüftete Felsenlandschaft Islands entdeckt hat. Vielmehr entwickelt dieser Spalt eine sogartige Wirkung – zieht uns geradezu in sich hinein. Wie tief wird er sein? Was erwartet uns an seinem Grund? Der harte Boden der Realität in tiefer Schwärze? Das brodelnde Magma tief verborgener Gefühle? Oder vielleicht ein zartes Pflänzchen Hoffnung, gut geschützt durch den Spalt vor den Stürmen seiner Zeit? Rita lässt uns mit unseren Gedanken und Gefühlen alleine, aber der Spalt spricht mit uns, wenn wir ihm zuhören.
Von der Vielfalt ihres druckgrafischen Schaffens zeugt auch ihre zweite Arbeit. Der Tiefdruck „Fjordlandschaft“ schafft in den schneidenden Hell-Dunkel-Kontrasten eine ebensolche Sogkraft wie der „Spalt“. Allerdings ist es hier das strahlende Weiß des Wassers, das uns zwischen den dunklen Fjordfelsen hindurchleitet und in seinen Bann zieht.
In seinen Bann zieht uns auch das große Ölgemälde von Wiebke Herrmann. Hier sitzt „Der Prinz von Bel Hair“ und wird geschoren. Die Künstlerin selbst ist es, die Hand an sein Haupthaar legt. Doch herab fallen nicht nur Haare. Irgendwie scheint sich auch der ornamentale Entenflug auf der Wand hinter den Figuren zu verselbstständigen.
Jene surrealen Elemente, das Erzählerische, die subtilen oder offenkundigen Zeichen – das ist es, womit Wiebke in ihren Arbeiten so gerne und intensiv spielt, ja kokettiert. Die sie umgebenden Umstände, was sie und die Gesellschaft umtreibt, ist dabei stets intendiert. Der „Prinz von Bel Hair“ ist entstanden in einer Zeit, wo Friseure geschlossen und das private Talent zum Haare schneiden gefragt war.
Übrigens ist dies eine Position, bei der ich bereits beim Ateliergespräch ihren jetzigen Platz vor der Natursandsteinwand vor Augen hatte und bin umso glücklicher, dass sie nun tatsächlich dieses „Match“ miteinander haben, wie man auf onlineportaldeutsch so schön sagt.
Fast kein Match wäre es mit der letzten Arbeit aus meiner Gruppe in dem von mir favorisierten Souterrainraum geworden. Ihrer schieren Größe wegen, die ich trotz Kenntnis der Maße glatt unterschätzt hatte. Theresa Rothe schuf dieses monumentalflauschige Wesen, dessen Hinterteil und Schwanz so keck aus dem Raum herauslugen, erst vor wenigen Monaten. „Me as a worm“ heißt das zwei Meter lange Kerlchen mit den sechs Armen, den winzigen Stielaugen und der puterroten Nase. Die Künstlerin, die aus Draht, Bauschaum, plüschigen Stoffen und Epoxid-Harz skurrile Fabelwesen und groteske Gestalten zaubert, hat auch für diese Arbeit wieder den schmalen Grat zwischen Trash und Tiefgang sinnreich gemeistert. Und wären wir nicht alle manchmal gerne ein sechsarmiger Wurm, der alles umschließen und doch jederzeit im kleinsten Schlupfloch entschwinden kann?
Ich für meinen Teil bin hocherfreut über das zustande gekommene Zusammenspiel der Positionen „meiner“ vier fantastischen Künstlerinnen. Per Zufallslos zueinandergefunden, haben sie uns doch jede einzeln und gemeinsam sehr viel zu erzählen. Ich lade Sie sehr herzlich zum Zuhören (und Hinsehen) ein!
Ursula Susanne Buchart, Susan Donath, Kerstin Franke-Gneuß, Stephanie Lüning – kuratiert von Gwendolin Kremer
Als Teil einer 20-köpfigen Verbindung, im Kontext eines engeren und loseren Verbunds an künstlerisch-kunsthistorischen Kollaborationen, wird im Folgenden in die Werkschau der sogenannten Gruppe 3 mit den vier Künstlerinnen Ursula Susanne Buchart, Susan Donath, Kerstin Franke-Gneuß und Stephanie Lüning im Rahmen des Ausstellungsexperiments Panoptical Play eingeführt.
Vier Dresdner Künstlerinnen, die Generationen, Gattungen und Kontexte ihres Schaffens eigentlich voneinander trennt. Vier Künstlerinnen, deren künstlerische Praxis nicht unterschiedlicher sein könnte. Vier Künstlerinnen, die alle in Dresden studiert bzw. hier ihren künstlerischen Schaffensraum etabliert haben, seit 40 Jahren, seit 20 Jahren, seit 10 Jahren, seit 5 Jahren.
Ursula Susanne Buchart, Susan Donath, Kerstin Franke-Gneuß und Stephanie Lüning sind sich bereits in verschiedenen Zusammenhängen begegnet, haben zum größten Teil vor, miteinander oder nacheinander an der Dresdner Hochschule für Bildende Künste (HfBK) studiert, sind sich auch über die Dresdner Sezession 89 über den Weg gelaufen, ihre Werke wurden bereits in vergangenen Gruppenschauen zusammen ausgestellt.
Dieses Mal bilden sie eine vom Team des Saloon Dresden um Maren Marzilger, Nina Fischäss und Ursula Susanne Buchart per Los zusammengestellte Ausstellungsentität, per Los bin ich als Kuratorin ins Spiel gekommen – die Aufgabe? Bereits hinreichend in den Konzepten des Saloon Dresden beschrieben und doch ganz verschieden aufgenommen, interpretiert und umgesetzt, aber im Endergebnis als eine gemeinsame Schau von 16 Künstlerinnen und vier Kuratorinnen entwickelt.
Ursula Susanne Buchart (*1976 in München, lebt in Dresden), die an der Akademie der bildenden Künste in Wien studierte, dort das Frauennetzwerk Saloon kennenlernte und 2016 mit nach Dresden brachte, ist Malerin. Zwischen Figuration und Abstraktion beziehen sich ihre Bildfindungsprozesse zum einen auf die Popkultur und sind zugleich stark einer gefühlten Materialität verpflichtet. Inspirationen schöpft sie aus an Materialschlachten erinnernden Versuchsanordnungen, dabei interessiert sie sich besonders für die Transformationsprozesse von Farbe und Form. In der Ausstellung zeigt sie neben diesen fragmentarischen Objekten eine Serie von sechs hochformatigen Farbfeldmalereien, die sich mit farbtheoretischen Kontexten als Bild im Bild im Bild auseinandersetzen.
Susan Donath (*1979 in Apolda, lebt in Dresden) präsentiert die Farbfotografie Status von 2020 und setzt damit zugleich eine Ausstellungstradition in der galerie drei fort. 2015 nämlich zeigte sie ebenda die Vorgängerarbeit mit demselben Titel aus dem Jahr 2011, in welcher sie sich auf bildmächtige Art und Weise mit ihrer eigenen Rolle als Künstlerin und Mutter im Kontext von künstlerischer Erwerbstätigkeit und gesellschaftlichen Zwängen eindrucksvoll auseinandersetzte. Bereits in ihrem Studium bei Eberhard Bosslet und dem anschließenden Meisterschülerinnenjahr bei Christian Sery an der Hochschule für Bildende Künste Dresden wurde ihr ausgeprägtes künstlerisch-politisches Bewusstsein sichtbar: Gesellschaft und deren bestimmende Parameter 2 zwischen geschlechterspezifischen Aushandlungsprozessen und öffentlich generierten Verantwortlichkeitszuweisungen sind ein Thema, das sich in engagierten politischen Werken im semi-öffentlichen Raum offenbarte.
Mit der Weiterentwicklung der Arbeit Status knapp zehn Jahre später, gelingt Susan Donath erneut die Erzeugung eines symbolhaften Bildes, welches für das Empfinden vieler Frauen und Mütter stehen kann, wenn während der vergangenen Lockdown-Phasen in der Corona-Pandemie mühsam errungene Selbständigkeiten und aufgebrochene Geschlechteridentitäten quasi mit einem – in der Fotografie so barbiesk-kunstvoll angedeuteten – Wimpernschlag zunichtegemacht wurden.
Dass für die Künstlerin, die in vielen Gattungen arbeitet, auch Material eine entscheidende Rolle spielt, lassen ihre an objets trouvées erinnernden Gegenstände erahnen. Perlen, Schmuck, handwerkliches found footage vereint sich in der präsentierten Konstellation zu einem magischen Zusammenspiel zwischen Kult und Historizität. Die Objekte liegen unprätentiös auf einem Tisch. Dieser nonchalante Zeigegestus öffnet ein ganzes Bezugssystem, in erster Linie als Verweis auf die intensive künstlerische Beschäftigung mit Sepulkralkultur und der uralten menschlichen Faszination am Tod.
Die Linie ist in den Arbeiten von Kerstin Franke-Gneuß (*1959 in Meißen, lebt in Dresden) das verbindende und verbindliche Moment. Die Dresdner Grafikerin, Malerin und Installationskünstlerin studierte in den 1970er- und 80er-Jahren an der hiesigen Akademie, ihr ausgeprägtes Interesse und vor allem außergewöhnliche Gespür für Gestaltung im zwei- und dreidimensionalen Bild und Raum hat sich von Anfang an als bestimmendes Charakteristikum erwiesen.
In den feinsinnigen, poetischen Natur- und Landschaftsanmutungen gelingt es Kerstin FrankeGneuß, die 1989 Gründungsmitglied der Dresdner Sezession war, exemplarisch in der von ihr perfektionierten Technik der Radierung Stimmungen und abstrahierte Naturdarstellungen in auch sehr großformatige Blätter zu übersetzen. Mit dem vermeintlich einfachsten künstlerischen Mittel, der Linie, hat sie ein umfangreiches Œuvre geschaffen, das Kontinuitäten aufzeigt, aber vor allem eines ist: frei. Frei in der Form, frei im Ausdruck und eine sehr große Eigenständigkeit aufweist.
Die drei auf dem Tisch gezeigten Druckplatten erlauben uns in ihren Schaffensprozess einzutauchen und zugleich einen Perspektivwechsel vorzunehmen. Die grafische Technik kann so in seiner Prozessualität erlebt werden. Die Linie zieht uns in ihren Bann, die auf kleinem Format ein Dickicht an Bildern in dem Spannungsraum zwischen innerem Auge und Druckplatte hervorruft: als transitorische Momentum, zwischen Platte und Blatt festgehalten.
Stephanie Lüning (*1978 in Schwerin, lebt in Dresden) studierte wie Kerstin Franke-Gneuß und Susan Donath an der HfBK Dresden und beschäftigte sich sehr früh mit der Herausforderung des gelenkten Zufalls auf dem Bildträger, aber zunehmend auch im Raum, indem sie mit Farbe und Farbigkeit experimentiert, Aggregatzustände erforscht und die Erfahrung dieser Transformationsprozesse in ihre Werke übersetzt bzw. diese selbst ins Zentrum stellt.
Die Aushebelung von Gattungsgrenzen, sprich Malerei, Grafik, Installation und Performance, ist dabei eine notwendige Konsequenz.
In der Ausstellung zeigt Stephanie Lüning eine großformatige unbehandelte, also ungrundierte Leinwand, die Formveränderungen und Mechanismen von Pigment und Bindemittel, in dem Fall Wasser, anschaulich macht. Wasser ist immer wieder nicht nur als Medium für ihre Schaumarbeiten oder malerischen und grafischen Arbeiten wichtig. Die Sammlung von aktuell 62 3 kleineren, größeren, Glas- oder Plastikflaschen mit klarem, suppigem, trübem oder braunem Inhalt zeigen uns wie Wasser aus Flüssen, Seen, Pfützen, Meeren oder Tümpeln von unterschiedlichen Fundorten auf der ganzen Welt beschaffen sein kann. Keine der gesammelten Flüssigkeiten ähnelt der anderen, und doch sind sie einander beinahe gleich. Was mit dieser Objektsammlung passieren wird, lässt Stephanie Lüning offen und lädt uns zugleich dazu ein, weitere Proben zu sammeln.
Das Verschiedene im Gleichen – so lässt sich vielleicht auch die Erfahrung mit und im gesetzten Rahmen von Panoptical Play zusammenfassen. Die im Konzept eingeschriebene Freiheit im künstlerischen und kuratorischen Zusammenspiel hat dabei gereizt und auch herausgefordert. Herausgekommen ist ein transgenerationeller spannungsreicher Diskurs zwischen verschiedenen Auffassungen von Kunst und vom Zeigen von Kunst.
Vielen Dank an den Saloon Dresden für die Einladung und insbesondere an Ursula Susanne Buchart, Susan Donath, Kerstin Franke-Gneuß und Stephanie Lüning für ihr Vertrauen. Gwendolin Kremer, Oktober 2021
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Susanne Magister Laudatio als PDF | Gwendolin Kremer Laudatio als PDF
Jahna Dahms
19.07. – 11.09.2021
Einladung VS als PDF Einladung RS als PDF
Sächsische Zeitung 17.08.2021 als PDF
VitaJAHNA DAHMS
*1972, Germany
Jahna Dahms serielle Zeichnungen, vergoldete Objekte und ihre Sound- und Video-Installationen gehen dem Transzendenten in der Kunst nach. Ihre Arbeiten gründen in ihrem Interesse an Archäologie, Kulturwissenschaft und Kunstgeschichte. So entspinnt sich ein Dialog zwischen Kunst und Geisteswissenschaft, wobei die Hingabe zu alten Techniken oder wertvollen Materialien im Vordergrund steht. Jahna Dahms interessiert sich für die formalen Übereinstimmungen und die philosophischen Systeme hinter archäologischen Befunden. Sie systematisiert in ihren Projekten abstrakte Formen aus verschiedenen Kulturepochen als universelle Sprachen.
Von 1991 bis 1996 und von 1998 bis 2000 studierte sie Kunstgeschichte, Geschichte, Architektur, Kulturgeschichte und Philosophie und ist Absolventin der TU Dresden. Außerdem studierte sie von 2000 bis 2003 an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden und war von 2004 und 2008 Meisterschülerin von Eberhard Bosslet. Im Laufe ihrer Karriere erhielt sie eine Reihe von renommierten Auszeichnungen, darunter das Landesgraduiertenstipendium, Sachsen, Deutschland und 2003 den Marion Ermer Preis.
Als Gründungsdekanin der Fakultät Design an der Fachhochschule Dresden und als Professorin für konzeptionelles Denken und Zeichnung verfasste sie das Curriculum der künstlerischen Studiengänge der FH Dresden. In ihrer künstlerische Lehre fokussierte sie sich auf eine konzeptionelle und zugleich wahrnehmungsbasierte Konzeption, welche ihre künstlerische Arbeit wechselseitig beeinflusste. Sie forscht zur Geschichte der künstlerischen Fragestellungen. Ihre Arbeiten wurden u.a. in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und im Musée d’Art moderne et d’Art contemporain de Liège ausgestellt.
Die Künstlerin Jahna Dahms zeichnet im Galerieraum ihre Silberstift-Zeichnungen PIGMENTS und filmt ihre Zeichenpraxis. Dabei entstehen umfangreiche Serien der Silberstift-Zeichnungen auf farbig grundiertem Büttenpapier, die bereits während des Arbeitsprozesses zu sehen sind. Im Anschluss werden diese Zeichnungen gemeinsam mit den Malereien zum Projekt PIGMENTS und den entstandenen Filmen in der Ausstellung gezeigt.
In ihren Projekten übernimmt die Konzeptkünstlerin Jahna Dahms vergessene künstlerische Techniken ihre künstlerische Praxis, wie z.B. Vergoldungen, Grundierungen mit alten Pigmenten oder Zeichnungen mit Silberstift. Ihre Arbeiten sind von einer sehr reduzierten Formensprache geprägt. In ihrem Werk sind Aspekte des Meditativen ebenso relevant, wie die Verwendung von sehr hochwertigen historischen Materialien. Mit den Werkgruppen PIGMENTS widmet sie sich der Wirkung von überlieferten Pigmentmischungen der Goldgrund-Malerei in der Frührenaissance. Die Künstlerin erkundet mit PIGMENTS die Faszination dieser fast vergessenen Farben und verwendet sie als Grundierungen ihrer seriellen Zeichnungen. Sie zeichnet zwei typische Grundformen, die in der Goldgrund-Malerei immer wieder Verwendung fanden: den Kreis und den Halbkreis. Strich um Strich werden in meditativer Zeichen-Praxis die Flächen gefüllt. Nur zwei kleine Goldpunkte geben jeweils weitere Akzente. Das Motiv des Kreises scheint sich auf den farbig präparierten Papieren zu verändern und intensiviert unsere Wahrnehmung der verschieden Farbnuancen. So bringt die Künstlerin mit ihren konzeptuell-minimalistischen Projekt jene sensible Schönheit der Farben zurück, welche sich bereits in den Kunstwerken des Mittelalters und der Frührenaissance offenbarte.
Die Künstlerin filmt ihre Zeichenpraxis vom 19.07. – 20.08.2021 | Filme hier
Besucher willkommen: Mittwoch, Donnerstag, Freitag 15.00 – 18.00 Uhr
Ausstellung PIGMENTS 21.08. – 11.09.2021
Vernissage: 21.08.2021, 19.30 Uhr
Laudatio: Anna von Bülow
Führungen mit der Künstlerin: Donnerstag 15.00 – 19.00 Uhr, Freitag 15.00 – 18.00 Uhr, Samstag 10.00 – 12.00 Uhr
Karin Kopka-Musch . Roswitha Josefine Pape . Amina Nour Yassine . Vera Schneider
Malerei | Grafik | Fotografie | Video | Textil | Installation
Künstlerinnen aus Heidelberg
03.06. – 10.07.2021
Abbildungen Portaits Statements
Karin Kopka-Musch
20.2.2021 ROT Terpsichore, die Muse des Tanzes:
Tanzsätze aus der Sammlung Terpsichore von Michael Praetorius. Zum 450. Geburtstag des Komponisten
1612 publizierte Michael Praetorius seine einzige Sammlung, die ausschließlich der instrumentalen Musik, der „Instrumenta Musica“, gewidmet ist. Eine Sammlung mit mehr als 300 Tanzsätzen, die zu Recht den Namen der Muse des Tanzes trägt: Terpsichore. Mit dieser abwechslungsreichen, stimmungsvollen und festlichen Musik wollen wir zum großen Jubiläum des Komponisten unsere besondere Konzertreihe in der Kaserne Pirna beginnen. Rot ist das festliche Farbthema dieses Konzerts.
Leinen, Pigment, farbiges Licht, Flächen, Linien, Bewegung,Spur. Lauschen, übersetzen, ansetzen, dehnen und sehnen. Tief blicken und hoch heben. Dem Rot als Erscheinung und Klang Raum geben. (Karin Kopka-Musch)
Den Auftakt zu einer spartenübergreifenden Projektreihe unter dem Titel TEXTUREN bildete dieses Konzertereignis:
Am 15.03.2021 aufgezeichnet in der Kaserne Pirna und am 20.03.2021 gestreamt auf YouTube, erlebbar für ein Publikum, das zuvor ein Ticket erworben hatte, ist ein Film entstanden, der die Performance der Hervorbringung des Musikerklingens und damit verbunden das gemeinsame Bespielen des Bühnenraums mit Karin Kopka-Muschs Kunstwerken zu ROT zeigt.
Renaissance-/Barocktänze. Textur. Feste. Von einem Fürsten geladen, lässt dieser die Gäste tanzen. Die Bewegungsabläufe sind kodiert und festgelegt. Zentralperspektivisch bestimmt einer die gesamte Performance des Abends. Es gab Paartänze, aber auch Reigen.
Alte Musik neu erklingen lassen, in einem Gebäude mit Vorgeschichte, welches nun eine neue Nutzung erfährt.
Die Möglichkeiten des Neuansetzens vor dem Hintergrund von Geschichtlichkeit. Was und wie leben wir? Welche Einigung, welches Übereinkommen stimmen wir untereinander ab?
Corona macht Livekonzerte unmöglich. Mindestabstände und Hygienepläne unabdingbar. Ein Tanz. Zwei Schritte vor, einer zurück.
Für ROT hat Karin Kopka-Musch mittels roter Expanderseilen Raumlinien auf die Bühne gebracht, die den Musiker*Innen die Verortung ihrer selbst erschwerten, Abstände thematisierten.
Während der Konzerteinspielung richteten sie ihre Bühne weiter ein. Es wurde immer roter. In assoziativen Setzungen öffnete Karin Kopka-Musch Gedankenräume. Rote Tücher als Teppiche, als Textilien, als Fahnen, als am Schlachthaken hängende, an den Rändern zerfetzte Zeugen von vermeintlichen Freiheitskämpfen und Revolutionen. Rüschen, Rosetten, geschlitzte Stoffe. Formeln und Formen. Texturen zahlreich gezeichnet auf Papier. Sicherheitsnadeln zur Fixierung. Prekär gefestigt an Fäden.
In der Galerie 3 (Dresdner Sezession 89 e.V.) wird die Konzertaufnahme gezeigt werden und Teile der Kunstwerke, die für dieses Projekt erarbeitet wurden, werden ausgestellt.
Roswitha Josefine Pape – Erläuterung zu den Bildern/Bilderliste
Meine Bilderliste ist chronologisch aufgeführt, so entstand 2020 im ersten Lockdown der Holzschnitt „Häsin vor dem Wald“, dieser Holzschnitt thematisiert meine Angst vor dem Unbekannten und auch die notwendige Trennung von meiner großen Familie.
Der zweite Holzschnitt: „Kauf-nix-Tag“ stimmt hoffnungsvoll und begegnet dem Betrachter*in aus einer kreativen Perspektive. Die Stadt Heidelberg hat ein Video angekauft, in dem Video stelle ich meine beide Arbeiten im Atelier vor.
https://www.theaterheidelberg.de
Solo Fantastico-Solidaritätsaktion mit freien Künstler*innen
Weiter geht es mit „Die Wolken des Lukrez“, Holzschnitt auf Papier, positiv besetzt und dann untersuche ich mit der Performance“Tür zu“ die Auswirkungen des Lockdown auf kulturelle Institutionen. Ich trage einen Druckstock in den Händen, mit einem QR Code Scanner kann ich den Text „Tür zu“ lesen. Es klappt…….
In den Drucken (Holzschnitt auf Pergament) Mitsu I und Mitsu II konstruiere ich ein Miteinander unter Corona Regeln. Misu ist japanisch und bedeutet: gemütlich, versammeln, zusammenkommen. Mitsu ist in Japan in der Corona Zeit also im Augenblick verboten.
Text Me When You Get Home! – ist ein kleines Diptychon Linolschnitt, Übermalung.
Nach dem Mord der Britin Sarah E. 2021
DO – ist eine Auswahl aus meinen Blättern zu Eva Hesse, Rosa Luxemburg und Hannah Arend
Armin Nour Yassine – A moon above the salt
Ein Mond über dem Salz
Wir sterben im Mondlicht
Erkennt ein Liebender am Strand unseren
Heiligen Gral?
Wir treiben dahin, vom Salz verkrustet auf dem Meer der Erinnerung
Und wir verschwenden unsere Körper, unsere Arme und Beine an die Fische.
Die Stimmen um mich her fragen mich: Wie können wir den Weg und das Ziel unserer Reise ändern? Warum jetzt? Und wohin?
Sie erhalten eine Antwort von meinen wunden Lippen
Wenn der Regen aus meinen Augen rinnt
Und (im letzten Moment) mein Geliebter
Mich anlächelt, weil wir dem Untergang entronnen sind.
„A moon above the salt” ist der Titel meines Projekts, durch das ich auf das Leiden der Geflüchteten auf ihrem gefährlichen Weg übers Meer aufmerksam machen will. Eine Flucht vor den Gräueln der Krieges und in der Hoffnung auf eine neue, bessere Zukunft. Geflüchtete verstehen die Flucht übers Meer als eine Rettungsweste. Aber sie wissen auch, dass sie mit ihr untergehen können. Trotzdem gehen sie in ihrem Schmerz diesen Weg der Hoffnung.
Die Ausstellung zeigt sieben Gemälde, von den Formaten 66 x 80 cm bis zu 40 x 33 cm und 15 kleine Arbeiten, von 10 x 5 cm bis zu 7,7 x 7.5 cm. Alle Bilder sind in alte Holzrahmen gefasst.
Eine runde Form stellt den alles verschlingenden Strudel des Meeres und die Boote mit Geflüchteten dar…
Das Gemälde auf einer Glasplatte befasst sich mit demselben Thema.
Bei der Umsetzung des Themas habe ich mich der Mixed Media Technik bedient, wobei dünne Gewebe, Papiere mit unterschiedlicher Stärke, Farben, Leim, Fasern, Nägel, Aquarellfarben, Acrylfarben und Glasfarben zur Anwendung kamen.
In den Bildern selbst versuche ich, die Gegensätze der Transparenz des Wassers zu der Intensität des Salzes und seiner Kruste zum Ausdruck zu bringen, verbunden mit der Schwere und Ernsthaftigkeit des Themas. Ich hoffe, dadurch die Stimmen der Menschen zu Gehör zu bringen, die in den Meeren der Welt auf der Flucht vor Tod und Verfolgung und in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft ums Leben gekommen sind.
Vera Schneider – über meine Arbeiten
Meine aktuelle Kunst ist seit vielen Jahren sowohl inhaltlich als auch formal von meiner Faszination für das Element Wasser geprägt (auch in Verbindung mit den drei anderen Elementen). Neben Arbeiten in Acryl-Mischtechnik sind (Unter-) Wasserfotografien, Gedichte/Texte, Klangstücke mit Wassergeräuschen und Objekte entstanden.
Die weiße Leinwand entspricht für mich einem offenen Meer mit seinen unendlichen Variationsmöglichkeiten. Aus dem Seinszustand heraus wird durch eine intuitive Herangehensweise eine Sprache formuliert, die das Erlebte malerisch transformiert. Vergleichbar mit Wasser, das annimmt was kommt und damit weiter fließt. Diese Transformation kann inspiriert sein von Begegnungen mit Menschen, persönlichen Bedürfnissen und Gefühlen, Träumen und bereits vorhandenen Bildern aus dem Innern sowie von der intellektuellen und künstlerischen Auseinandersetzung mit Themen aus dem Alltag. Formen und Farben verändern sich durch eine neue Sicht auf die Welt und neue Variationen werden entdeckt. Widerstände werden angenommen und umspült. Ziel ist es, im Fluss von Geben und Nehmen mit den Mitmenschen zu sein und sich dabei von Erwartungen zu befreien. Das Bild ergibt sich von selbst im Prozess der inhaltlichen und formalen Auseinandersetzung beim Annehmen und Finden. Die Bilder stellen somit einen schon vorhandenen Seinszustand dar als auch einen gesellschaftlichen Prozess, der die Offenheit für eine umfangreiche Welt mit ihren unendlichen Variationsmöglichkeiten transformiert und ausformuliert. Dieser Prozess bedeutet auch die größtmögliche Freiheit – sich im Ungeborenen geborgen zu fühlen und Unsichtbares punktuell sichtbar zu machen – sichtbar machen, wie es sich anfühlt in dieser Welt Mensch zu sein.
Auch das Element Wasser steht symbolisch für Freiheit – die darin besteht, ohne Wertung anzunehmen was kommt und damit (verändert und sich verändernd) weiter zu fließen.
Die Faszination für das Thema Wasser spiegelt sich auch formal in den Bildern wider. Durch Techniken des Farbe fließen lassens, schüttens, werfens, spritzens, schäumens, stehen lassens und schichtens wird die Eigenschaft des Elements auf den Bildern fixiert. Auch Unterwasserfotografien von unterschiedlichen Wasserzuständen sind z.T. in den Bildern collageartig integriert. Dabei geht es mir nicht um die konkrete Darstellung von Wasser, sondern vielmehr um die Darstellung von Zuständen, die Wasser haben kann und/oder im übertragenden Sinn von Zuständen innerer Befindlichkeiten.
In meinen Unterwasserfotografien, die ich seit fünf Jahren auf Kreta mache, beschäftige ich mich mit der Wirklichkeit und den vielfältigen Darstellungsmöglichkeiten von Wasser – reale Fotografien erscheinen als surreale Welten oder abstrakte Gebilde, die unterschiedliche Assoziationen hervorrufen.
Meine inhaltlichen Gedanken verarbeite ich auch in Texten/Gedichten, die ich in meine Kunstwerke integriere oder mit ihnen in Beziehung setze.
SWUUSH! entspricht in diesem Sinne einem Wasserschwall, der die Ursprungskraft, die Energie sowie das Fließen von Wasser impliziert und ein Synonym für meine Lebensideale darstellt. Zugleich steht es für den „schwungvollen“ Alltag und den Kraftakt, in deren Prozess meine Kunst neben meinen Aufgaben als Erwerbstätige, Mutter und Frau entsteht.
Karin Kopka-Musch
geb.1978 in Bonn | gest. 2021 in Dresden
2000-2007 Studium der Kunst und Romanistik, Kunstakademie Münster und WWU Münster Westf.
2007 Team Skulptur.Projekte.Münster
2008 Meisterschülerin Klasse Prof. Mechtild Frisch
2013 – 2019 Heidelberg / Mannheim; freie Kunst, Kunstvereinsleitung KON.NEX ART e.V., Mitarbeit Kunsthalle Mannheim
seit 2019 Dresden, Atelier in Pirna https://www.kaserne-pirna.de/
Mitgliedschaften
Saloon.Dresden, Künstlerbund Dresden e.V. (Vorstand)
bis 2020: künstlerische Kunstvermittlung Staatliche Kunstvermittlung Dresden
Auszeichnungen
2020/2021 Förderung des Blogprojekts http://zuwendungsbescheid.de/ seitens der Gesellschaft zur Förderung der Westfälischen Kunst sowie der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen
2011 Einladung der Stadt Münster / Austauschprojekt mit Rishon-Le-Zion, Israel
2008 LWL-Stipendium Gotland
Roswitha Josefine Pape
geb. 1954 in Dortmund
1973 – 1977 Studium der freien Grafik und Malerei, Fachhochschule für Gestaltung in Dortmund
seit 1996 lebt und arbeitet in Heidelberg
Preise, Förderungen und Stipendien (K = Katalog)
2007 Willibald-Kramm-Preis, Manfred-Lautenschläger-Stiftung, Heidelberg
2004 – 2007 Förderung der Deutschen Künstlerhilfe, Vorschlag des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg, Stuttgart
2002 1.Preis, Kunstpreis der Stiftung Kunst der Sparkasse Karlsruhe, Karlsruhe
2001 1.Preis, gemeinsamer Kunstpreis der SAP AG und der Stadt Walldorf, K
2001 Hommage à Nelson Mandela, Deutscher Beitrag, Unterstützung des Auswärtigen Amtes Berlin und der Stadt Heidelberg, Nelson-Mandela-Institut, Südafrika, Pretoria
2000 1.Preis, Kunst am Bauwettbewerb, Bundesministerium der Finanzen, Berlin, K
1996 Art in Residence, Academy of Fine Art Poznań, Polen, Posen, K
1994 International Painter’s Symposium, Slowakei, Moravany/Vahom, K
Ausstellungen (Auswahl, E = Einzelausstellung, K = Katalog)
2020 Internationaler Lucas-Cranach-Preis der Stadt Kronach, Im Fürstenbau der Festung Rosenberg, Kronach, K
2016 Holzschnitt now! Xylon Deutschland und der Schweiz mit Gästen, Kunstmuseum Reutlingen und Kunstverein Reutlingen, K
2016 Bilderreich, Kunstsammlung der Sparkasse Karlsruhe, Museum Ettlingen, Schloss, K
2016 Roswitha Josefine Pape, „Werkschau“, Xylon-Museum + Werkstätten, Schlossgarten, Schwetzingen, E
2016 Roswitha Josefine Pape, Retrospektive, Kurpfälzisches Museum, Heidelberg, E, K
2016 Frei sein, Dokumentationszentrum Deutscher Sinti und Roma, Galerie Kai Dikhas, Berlin, K
2015 A different perspective, Artwork by the Laureates of the Biennial of Drawing 1996-2016, Museum of West Bohemia, Gallery of Pilsen & Jiri Trnka, Tschechien, Pilsen, K
2014 sense no sense, Shedhalle Tübingen e.V., Tübingen
2014 Gehen und Kommen, Evangelische Trinitatiskirche, Bonn, E
2013 / 2014 Angekommen, Vielfalt gefällt, Programm der Baden-Württemberg-Stiftung, Ministerium für Integration, Jüdische Kultusgemeinde, Heidelberg, E
Amina Nour Yassine
geb. 1987 in Beirut, Libanon
2004-2007 Al-Bayader-Institut, Technisches Bakkalaureat, Fachrichtung Erzieherin, Beirut, Libanon
2007-2011 BS in Business Grafikdesign, AUL University Beirut, Libanon
06/2012 – 05/2016 freiberufliche Grafikdesignerin bei „Mashmoushi Group Company“, Beirut, Libanon
2013-2016 BS in Bildender Kunst, Libanesische Universität, Beirut, Libanon
seit 10/2016 lebt und arbeitet in Deutschland
Ausstellungen (Auswahl)
2021 Longing – ein Sehnen im Raum, GA, KON.NEX ART e.V. Heidelberg zu Gast im Hawerkamp31 e.V. Münster
2020, In Spirit, GA, Forum für Kunst; BBK, Heidelberg, Luitgard Borlinghaus, Sabine Geierhos, Roswitha Josefine Pape, Vera Schneider, Lynn Schoene, Amina Nour Yassine, Claudia Urlaß
2019 Beirut in Heidelberg, EA, Galerie Eva Wolf-Schliesser e.k., Mannheim
2016 mother nature- one spirit, EA, Universitätshalle, Beirut, Libanon
2013 the beauty, EA, visuial art gallery, Beirut, Libanon
Vera Schneider
geb. 1978 in Emsdetten
1998-2004 Studium der Bildenden Kunst und Musik in Osnabrück und Wien
1998-2006 Lehrerin für integrativen Kunst-und Musikunterricht, Musiklehrerin für Querflöte, Blockflöte und Klavier
2005-2007 Referendariat in Bensheim, Fachausbildung Darstellendes Spiel
seit 2006 Leitung und Inszenierung diverser Theater-Projekte
seit 2007 lebt und arbeitet in Heidelberg
Ausstellungen (Auswahl; GA=Gruppenausstellung, EA=Einzelausstellung)
2021 Longing – ein Sehnen im Raum, GA, KON.NEX ART e.V. Heidelberg zu Gast im Hawerkamp31 e.V. Münster
2021 was bleibt, GA, Forum für Kunst; BBK, Heidelberg
2021 Über Wasser, GA, Museum Industriekultur Osnabrück
2020 In Spirit, GA, Forum für Kunst; BBK, Heidelberg, Luitgard Borlinghaus, Sabine Geierhos, Roswitha Josefine Pape, Vera Schneider, Lynn Schoene, Amina Nour Yassine, Claudia Urlaß
2019 Die vier Elemente, EA, Malerei von Vera Schneider, Diakoniekirche Luther Mannheim
2019 flow-wings, EA, Malerei von Vera Schneider, Galerie Eva-Wolf-Schliesser, Mannheim
Constanze Schüttoff
prozessuale Rauminstallation
12.04. – 26.05.2021
showcase | virtueller Resonanzraum: constanze-schuettoff.de
Statement„…Dieses imzwischensein füllt nicht nur einen Zeitabschnitt in diesen ungewissen Tagen, ich verstehe es vielmehr als einen Rückzug ins Offene, eine Möglichkeit, mich innerhalb eines begrenzten Raumes frei zu bewegen, mich auf das Vorhandene des Ortes einzulassen, es anzunehmen und zu befragen, zu reagieren und zu interagieren, und dabei selbst einfach zu sein. Entlang eines unsichtbaren Fadens werden aufkeimende, meinen Arbeitsprozess begleitende Fragestellungen und Einsichten aus dem Innen der Galerie zu Ihnen ins Außen gelangen. Sie sind ein Angebot, imzwischensein zu resonieren und eröffnen eine neue gedankliche Ebene – einen Resonanzraum des indirekten, aber freien Begegnens.“
Constanze Schüttoff – April 2021
„Dem Moment ergeben, suche ich das Verborgene der Orte, ihre Rhythmen und Strukturen, das Bewegen im Sein zu ergründen und in subtil erfahrbaren Raum zu wandeln.“
Constanze Schüttoff, 1973 in Dresden geboren, studierte von 2003 bis 2011 Bildhauerei an der Burg Giebichenstein – Kunsthochschule Halle. Sie lebt und arbeitet in Radebeul bei Dresden.
“imzwischensein”
Seit dem 12. April arbeitet die Künstlerin Constanze Schüttoff werktäglich an einer prozessual entstehenden Rauminstallation für die galerie drei.
Die in Radebeul ansässige Dresdnerin erlangte deutschlandweit Bekanntheit mit ihren komplexen skulpturalen Objekten aus Papier und Glas, die sie für architektonische Kontexte oder den öffentlichen (Natur-)Raum konzipiert. So entstanden ihre Arbeiten u.a. für den Andachtsraum des St. Benno Verlages in Leipzig sowie die Botanischen Gärten in Ulm und Dresden. Nahezu einen Monat lang ist sie nun zu Gast in den leeren, soeben renovierten Räumlichkeiten der Dresdner Sezession. Bereits die erste behutsame Annäherung der Künstlerin an den für sie vorerst unvertrauten Ort finden Eingang in die langsam wachsende Arbeit. So wird der Klang der Rhythmik verschiedener Gangarten der Passanten und anderer Umgebungsgeräusche nach wochenlanger, sensibler Wahrnehmung der Künstlerin zum vertrauten, wiedererkennbaren Ablauf alltäglicher Ereignisse und findet letztlich Eingang in die abstrakte Installation der Künstlerin.
Textile Schnüre unterschiedlicher Qualität dienen Schüttoff, die 2011 ihr Studium für Bildhauerei an der Hallenser Kunsthochschule Burg Giebichenstein absolvierte, als Ausgangsmaterial für ihre Rauminstallation. Sie wählt den Eingangsbereich der Galerie für ihr Projekt, das vier Meter hohe, ca. fünfzehn Quadratmeter große Entree, von welchem eine Treppe in den unteren Ausstellungsbereich abzweigt, während eine weitere zur oberen Galerie und den Büroräumen der Dresdner Sezession führt. Überdies ist der Raum durch zwei große Schaufensterflächen und eine Tür mit Oberlichtern in den Außenraum geöffnet. Ideal für wechselnden Lichteinfall und zugleich prädestiniert für Betrachtungen aus dem Außen in das Galerieinnere. Die Schau ist gewissermaßen als interaktive Schaufensterausstellung konzipiert. Die Künstlerin gibt bereitwillig Zuschauern und Interessierten außerhalb der Galerie, Einblick in ihren sich täglich entwickelnden Werkprozess. Zudem hat sie ein interaktives Dialogfeld auf ihrer Website eingerichtet. Hier stellt sie tagtäglich eine Frage, die ihren Werkprozess flankiert und den wohlwollenden Beobachter anregen mag in seinen Antworten über eigene Wahrnehmungsmuster, Raumerfahrung und Zeitempfinden zu reflektieren. Die Fragen entspringen jahrelanger Beschäftigung der Künstlerin mit diesen Themen und sind Teil der Werkgenese. Denn Schüttoff versteht es sehr wohl ihr künstlerisches Schaffen auch verbal zu kommunizieren, es entstehen Gedichte, essayistische Texte, die ihr jeweiliges Projekt begleiten und als autonome künstlerische Äußerungen gelesen werden können. Für die Rauminstallation in der galerie drei hat sie zunächst mit einer Art Versuchsaufbau begonnen. Am Boden des Raumes lagert eine Spule mit teils abgerollter weißer Schnur, ein Teil der Schnur, liegt in Bündelungen in emaillierten Schalen, die wiederum mit Flüssigkeit befüllt sind. Gefolgt wird diese Anordnung von einem Glasballon, dessen Boden mit milchiger Flüssigkeit bedeckt ist, ein Messzylinder aus Glas und eine grobe Handbürste aus Holz sowie ein Handtuch vervollständigen die in einer horizontalen Reihe geordneten Gegenstände. Schüttoff zelebriert den Reinigungsprozess ihrer bereits für vorangegangene Installationen verwendeten und daher verschmutzten Schnüre und Fäden. Mit Chlor und Wasser säubert sie die synthetischen Fasern, für alle Interessierten sichtbar, auf dem Boden der Galerieraums. Die anfangs feuchten Fäden und Schnüre arrangiert die Künstlerin unterhalb der Decke des Galerie-Entrees an einer bereits vorhandenen Metallaufhängung und über den Verkleidungen des Beleuchtungssystems. Lange Doppelschlaufen drängen in dichten Gruppen herab. Genauer gesagt handelt es sich um eine einzige, kräftige schlauchförmige Schnur von zwanzig bis vierzig Metern Länge, die wie der Faden der Ariadne von einer einzigen Spule gerollt und ohne von dieser getrennt zu werden, arrangiert wird. Die Spule selbst steht in der Mitte des Raumes und enthält über zweihundert Meter Garn für weitere Formationen. Betrachtet man die Installation über das Schaufenster der Sebnitzer Straße, so lässt sich die von der Raumdecke organisierte Verspannung der Schnur genauer differenzieren. An einer bereits existierenden trapezförmigen Metallverbindung und weiteren davon abweichenden Haken, die jeweils in der Decke des Raumes verankert wurden, arrangiert die Künstlerin in horizontalen Achsen, Bündelungen unterschiedlich langer Schlaufen, die teils in schmalen, geraden, der Schwerkraft gehorchenden Bahnen herab hängen und mitunter fast den Boden berühren. Bisweilen werden sie von kürzeren, gedrungenen Schlaufenformationen überlagert. Es lassen sich vier dominantere Schurkonstellationen mit dazwischenliegenden Leerräumen erkennen, die in der Mitte durch eine weitere Reihe von Querverbindungen unterbrochen werden. Zudem sorgen die asymmetrisch in der Decke eingelassenen Haken für Kreuzverspannungen und Knotenpunkte des Fadens. Wie eine grafische Struktur durchwebt die oftmals in ihrer Eigenheit belassenen Schnur den Raum, dreht sich um die eigene Achse, bildet als Schlaufe Tropfenformen und Ellipsen aus. Schüttoff gelingt es dominante Schlingen zu kreieren, die von weniger auffälligen Verspannungen begleitet werden. Ihre Komposition scheint mitunter musikalischen Prinzipien zu folgen, wie eine Melodiestimme, die von Akkorden begleitet wird, wechselt die Rhythmik der Fäden innerhalb einer Achse, ohne jedoch ein Wirrwarr, eine Dissonanz hervorzurufen. Seit 2011 arbeitet Constanze Schüttoff mit textilen Fäden unterschiedlicher Materialität. Bislang integrierte sie diese in aufwendigen, raumgreifenden Installationen, wie zuletzt 2018 für das Windkunstfestival südwestlich von Kassel. Ihre “Datenwolke, gestrandet” besteht aus tausenden von PET-Flaschen, gefüllt mit geschreddertem Aktenmaterial, die auf Schnüre gefädelt von einer offenen Dachkonstruktion als spiralförmiger Raum herabfließen. Diese 2019 auch in Großenhain gezeigte Installation, nutzte die Künstlerin gemeinsam mit Musikern für Klangexperimente. Die einzigartige Akustik des Kunstwerks offenbarte sich in den äußerst geringen Raumresonanzen, die die Spieltechnik eines jeden Musikers und somit den Klang des gespielten Instrumentes auf ungewöhnliche Weise hörbar werden lassen.
Das Besondere der prozessualen Rauminstallation Schüttoffs für die Räume der galerie drei bildet nicht allein die Transparenz des Werkprozesses, sondern überdies das in den Abendstunden veränderte Erscheinungsbild der Arbeit. Sobald es dunkel wird, ist der Raum mit Schwarzlicht erfüllt und die Komposition des weißen Geflechts beginnt in Blautönen zu leuchten.
Seit ihrer Diplomierung arbeitet Constanze Schüttoff verstärkt mit dem Sujet der Reihung und der phänomenologischen Analyse des Raumes. Sie setzt sich u.a. mit Theorien August Schmarsows auseinander, der erstmals Ende des 19. Jahrhunderts den Terminus des Raumes für die Kunstgeschichte thematisiert. Für ihn entwickelt sich ein Raum aufgrund der Dynamik der Wahrnehmung, bestimmt durch Ortswechsel und Bewegung eines Subjektes. Auch für Schüttoff steht der Mensch und seine Erfahrung des Raumes im Vordergrund. In ihrer Installation, die sich aus bewusst gestalteter Leere und rhythmisierenden Geflechten weißer Fadenschwünge in dominanten und begleitenden Formationen entwickelt, mögen Assoziationen zu minimalistischen musikalischen Kompositionen eine visuelle Entsprechung erfahren. Die Installation „imzwischensein“ wandelt sich fortwährend, zusätzliche Fadenkonstellationen in Verbindung mit Papieren sind geplant, in denen die Künstlerin ihre Interaktion mit dem Publikum verarbeiten wird. Neue Betrachter und Resonanzen sind weiterhin willkommen.
Katharina Arlt Kunsthistorikerin [MA]